Trensen-Kunde

 







Trensen-Kunde

 

Die Trensen-Kunde ist ein ebenso wichtiges Thema, wie die Sattel- oder Gebiss-Kunde. Nicht passende oder falsch verschnallte Trensen können zu Widersetzlichkeit, Kopf schlagen (bis hin zum Headshaken), Zunge strecken und sogar zum Bocken führen. Drückt beispielsweise eine Schnalle auf das Jochbein oder das Kiefergelenk, so kann dies zu permanentem Schmerzreiz führen. Sitzt der Genick- oder Stirnriemen nicht korrekt, so können starke Kopfschmerzen die Folge sein. Sind die Zügel zu kurz oder zu lang ist eine reelle Dehnungshaltung und korrekte Anlehnung nicht möglich, usw.

 

Zügel

 

Meist nutzt man die Zügel, die man mit der jeweiligen Trense dazu gekauft hat. Die Hauptgründe, um Zügel zu wechseln sind die Vorlieben des Reiters bezüglich des Materials. Dem Pferd ist es erste einmal egal, aus welchem Material die Zügel bestehen. Was aber entscheidend ist, um immer korrekte Hilfen geben zu können, ist die individuell notwenige Länge.

 

Wählt man den Zügel zu lang, kann das Ende unter den Sattel oder unter das Knie des Reiters geraten und dort stören. Außerdem ist man oft versucht mit besonders langem Zügel zu reiten, was zur Folge haben kann, dass man eine falsche Anlehnung wählt, bzw. das Pferd zu viel auf der Vorhand reitet.

 

Wählt man den Zügel zu kurz, kann man die Zügelhilfen nicht ausreichend nachgeben und muss für eine ausreichende Dehnungshaltung mit ausgestreckten Armen und nach vorn gekipptem Oberkörper weiter reiten. Dies kann zu einer ungewünschten Gewichtsverlagerung nach vorn und damit ein auf die Vorhand kippen zur Folge haben. Außerdem wählt man mit einem zu kurzen Zügel oft eine zu harte Anlehnung, was eine korrekte Hilfengebung erschwert.

 

In eigener Sache möchte ich erwähnen, dass alle meine Zügel Federkarabiner haben, um sie am Gebiss zu befestigen. Einen negativen Effekt konnte ich dadurch bisher nicht feststellen. Weder hat je eines der von mir gerittenen Pferde auf einen „Klingeleffekt“ reagiert, noch ist mir je einer dieser Karabiner kaputt gegangen.

 

Stirnriemen

 

 



Der Stirnriemen ist einer der wenigen, tatsächlich notwenigen Riemen an einer Trense. Er verhindert, dass das Genickstück hinter den Atlaswirbel rutscht. Dies kann passieren, wenn z.B. das Gebiss sehr locker im Maulwinkel liegt, wodurch die Backenstücke beim Kauen und Annehmen der Zügel angehoben wird. Aber auch wenn beide Zügel deutlich angenommen werden (z.B. weil das Pferd durchzugehen droht o.ä.). Außerdem kann sich eine Trense ohne Stirnziemen bei stärkerem, einseitigem Zug (was z.B. auch beim Husten oder Schnauben passieren kann), so zu einer Seite verziehen, dass auf der gegenüberliegenden Seite das Backenstück im Maul landet.

 

Worauf beim Stirnriemen aber unbedingt geachtet werden muss, ist dass er lang genug ist. Wenn er zu kurz ist, kann er die Trense von hinten an die Ohrmuschel ziehen, das Kiefergelenk stören, Kopfschmerzen verursachen und anderes.

 

Man kontrolliert die korrekte Länge, indem man den Stirnriemen an einer Seite von der Trense entfernt, das Pferd damit trenzt und nun den Stirnriemen locker an seine eigentlich Position legt. Reicht er bis zur anderen Seite der Trense, als wäre er nicht abgemacht worden ist er lang genug. Muss man daran ziehen, um zur anderen Trensen-Seite zu gelangen, ist er zu kurz. Im Zweifel wählt man lieber einen zu langen, als einen zu kurzen Riemen.

 

Dies gilt nicht für Hebelgebisse! Da alle Gebisse mit Hebelwirkung die Backenstücke nach unten ziehen und nicht anheben, ist ein Stirnriemen in Kombination mit einem Hebelgebiss nicht unbedingt notwendig. Aus dem gleichen Grund muss auch bei den meisten gebisslosen Zäume nicht unbedingt ein Stirnriemen genutzt werden, da hier in der Regel die fehlende Maulwirkung über einen Genickhebel kompensiert wird.

 

Genickriemen und Backstücke

 

Der Genickriemen sollte anatomisch zu dem jeweiligen Pferd passen. Es gibt Pferde, die sehr Haut- und Druckempfindlich im Genick sind. Außerdem befinden sich hier sowohl Schleimbeutel als auch empfindliche Nerven. Hier empfiehlt sich ein weiches Polster bzw. eine sinnvolle Form. Auch eigentlich unempfindliche Pferde bevorzugen ein möglichst angenehmes Genickstück.

 

Die Schnallen, mit denen die Backenstücke am Genickriemen befestigt sind, dürfen weder auf dem Kiefergelenk liegen, noch auf dem Jochbein. Bei rund genähten Trensen befinden sich die Schnallen zum Verstellen der Gebisshöhe meist genau zwischen den Ohren. Hier muss unbedingt auf eine sehr gute Verarbeitung geachtet werden, um unangenehmen Druck zu vermeiden.

 

Kehlriemen

 

Der Kehlriemen soll das vorrutschen der Trense über die Ohren nach vorn verhindern. Allerdings ist dies zum einen nur dann möglich, wenn der Atlaswirbel höher steht als das Hinterhauptsbein (diese anatomische Besonderheit ist mir in 25 Jahren Reiten nur genau ein einziges Mal begegnet). Zum anderen wird dieser Riemen meist so verschnallt, dass er diese Funktion gar nicht erfüllen kann, wenn es z.B. wegen eines Unfalls, doch einmal notwendig wäre. Daher ist auch der Kehlriemen in der Regel nicht notwendig an einer Trense.

 

Nutzt man ihn dennoch, muss er unbedingt locker mittig auf der Ganasche aufliegen. Ist er zu eng eingestellt, kann er das Pferd an einer leichten Beizäumung hindern, die Ohrspeicheldrüse drücken oder sogar würgen. Hat man ihn nur etwas zu locker, kann er unter dem Kaumuskel verkanten und somit die Unterkieferbewegung unangenehm einschränken.

 

Die Kontrolle mit einer Aufrechten Faust ist hier leider oft nicht zutreffend.

 

Ist man sich unsicher, lässt man den Riemen gern deutlich zu lang, damit er keine Funktion mehr hat.

 

Nasenriemen und Reithalfter

 

 


Als Nasenriemen wird allgemein das einfache, englische oder das hannoversche Reithalfter bezeichnet. Korrekt verschnallt (siehe Seite 83 unten links LPO 2013: „Die Kontrolle des korrekt verschnallten Reithalfters erfolgt, indem zwei Finger (eines durchschnittlichen Erwachsenen) zwischen Nasenrücken und Nasenriemen Platz finden) sorgt dafür, dass das Pferd bei zu weitem Öffnen des Mauls Druck auf Nasenrücken und Unterkieferäste bekommt, was meist dazu führt, dass das Maul wieder geschlossen wird.

 

Das hannoversche Reithalfter wirkt durch die tiefere Lage zwar etwas deutlicher und bietet den Vorteil, dass ein einklemmen des Maulwinkels zwischen Gebiss und Nasenriemen vermieden wird.

 

Im Genick liegt das Reithalfter Idealer Weise über dem Genickriemen, da der Riemen des Reithalfters meist dünner ist, als der des Genickriemens und somit unangenehm drücken kann. Dies gilt speziell für Hebelgebisse, die das Genickstück je nach Anzugkraft durch den Zügel, auf das Genick drücken. An der Seite gehört es unter die Backenstücke, um die Lage des Gebisses nicht zu beeinflussen.

 

Sperrriemen

Der Sperrriemen bietet viel Zündstoff in der Reiterei. Heute nahezu nicht mehr wegzudenken aus der Reiterei, besonders der Sportreiterei, stellt sich die Frage seines Ursprungs recht häufig. 
Die Theorie, er seie im Krieg zur Vermeidung von unnötigen Kieferbrüchen bei Pferden im Falle eines Sturzes entwickelt worden, wurde vielfach wiederlegt. Dennoch hält sich dieses Gerücht, mangels anderer, fundierter Beweise, hartnäckig. 

Allerdings kann ganz klar nachgewiesen werden, dass es zu Zeiten des ersten Weltkrieges von 1914 bis 1918 keinerlei Nachweise eines Sperrriemens gibt. 
Auch im zweiten Weltkrieg finden sich ausschließlich Bilddokumente von Kandaren- und Trensenzäumen ohne Sperrriemen. 
Das erste, mir bekannte Bilddokument zu einem kombinierten Reithalfter stammt von den olympischen Spielen 1936 in Berlin. Hier wird der Portuguiese, José Beltrao, beim Springreiten mit einem kombinierten Reithalfter fotografiert. Finden kann man dieses Bild hier:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Jos%C3%A9_Beltr%C3%A3o_1936.jpg

Erst bei den olympischen Spielen 1968 in Mexico findet man häufiger Bilder von Pferden mit kombinierten Reithalftern. Bis dahin prägen englische und hannoveranische Reithalfter das Bild des Reitsports.
Auch fällt auf, dass erst zum Ende der 60er Jahre die Reithalfter deutlich enger verschlossen werden, als zuvor. 
Mit Ende der 80er Jahre hält das kombinierte Reithalfter Einzug in die Sportreiterei und verdrängt das bis dahin vorherschende hannoversche Reithalfter bis heute fast gänzlich. 
Den Grund hierfür kann ich nur erraten. 

Was diese Entwicklung aber zeigt ist, dass sich der Reitsport in einem permanenten Wandel befindet. Die Ausbildung der Pferde und die verwendeten Ausrüstungsgegenstände werden immer wieder neu an die ständig steigenden Anforderungen angepasst. Der moderne Reitsport konzentriert sich auf
"höher - schneller - weiter"
Die Bedürfnisse der Pferde und deren Wohlergehen ersticken viel zu häufig in Leistungsdruck und einem Anerkennungsbedürfnis. 

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